Arbeitstätige Mütter möchten ihren Beschäftigungsgrad erhöhen, die Rahmenbedingungen müssen aber besser sein

2.06.2020

Eine von Pro Familia Schweiz und Empiricon AG durchgeführte Umfrage zur Arbeitszufriedenheit von 500 erwerbstätigen Müttern aus der Schweiz ist zum Schluss gekommen, dass auch wenn die Mehrheit mit ihrer aktuellen Situation zufrieden sind, sie ihren Beschäftigungsgrad erhöhen würden – wenn die Rahmenbedingungen besser wären.

Heutzutage arbeitet die Mehrheit der Frauen in der Schweiz Teilzeit – oft zu einem relativ niedrigen Pensum. Vor allem Mütter mit Kindern unter 12 Jahren sind entweder zu einem Pensum unter 50% beschäftigt (ca. 32% der Frauenbevölkerung) oder arbeiten gar nicht (ca. 18%). Negative Konsequenzen zeigen sich insbesondere bei den Löhnen im Falle einer Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit, bei schlechteren Karrierechancen und bei einer finanziellen Benachteiligung bei der Pensionierung.

Die Resultate der Pro Familia und Empiricon Studie sind überraschend: Die Studie zeigt, dass obwohl Frauen mit ihrer aktuellen Situation mehrheitlich zufrieden sind, die überwiegende Mehrheit von ihnen (70% der Befragten) ihre Arbeitszeit erhöhen würde, vorausgesetzt die Rahmenbedingungen wären besser. Das hiesse: eine Reduktion der Kinderbetreuungskosten, eine Flexibilisierung des Arbeitsorts (Möglichkeit von Home Office), ein grösserer finanzieller Anreiz und eine geringere Arbeitsbelastung bei der Kombination von Hausarbeit, Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit. Der Wunsch den Beschäftigungsgrad zu erhöhen, korreliert mit der Ausbildungsquote: Bei Frauen mit einer höheren Bildung ist dieser grösser. Es besteht daher ein unausgeschöpftes Potenzial an Frauen mit höherer Bildung, die bereit wären, ihre Erwerbsquote bis auf 80 % zu erhöhen, falls die genannten Voraussetzungen gegeben wären.

Die Kinderbetreuungskosten sind der am häufigsten genannte Grund für den aktuellen Beschäftigungsgrad der Frauen. Neue Zahlen des BFS zur familien- und schulergänzende Kinderbetreuung im Jahr 2018 belegen diese Erkenntnis: es gibt einen ungedeckten Betreuungsbedarf aus finanziellen Gründen bei 11% der Kinder, die bereits institutionell betreut werden, und bei 7% der Kinder, die nicht institutionell betreut werden. Die BFS Erhebung zeigt zudem, dass in der Schweiz 64% der Kinder unter 13 Jahren familienergänzend betreut wird. Der Anteil ist je nach Familienmodell oder Wohnort jedoch höher.

Auch das Whitepaper der Jacobs Foundation zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zeigt, dass sich verbesserte Betreuungsangebote positiv auf Nachfrage und Arbeitsangebot von Eltern (und insb. Mütter) mit Kindern im Vorschulalter auswirken. Wenn die Eltern nur noch 50% der Kosten für einen Betreuungsplatz (anstelle der heute ca. 75%) übernehmen müssten, könnten zusätzlich 42'000 Kinder an zwei Tagen in der Woche familienextern betreut werden. Das Arbeitsangebot der Eltern würde in diesem Falle um 8'400 Vollzeitstellen wachsen. Bei einer Kostenbeteiligung der Eltern von nur noch 25% würden sogar 72'000 Kinder extern betreut werden und das Arbeitsangebot der Eltern stiege um 12’000 bis 15’000 Vollzeitstellen.

Diese Erkenntnisse betonen einmal mehr das Ziel von READY!, eine umfassende Politik der frühen Kindheit zu schaffen, sowie die Notwendigkeit einer nationalen Strategie, wie im Postulat 19.3417 Strategie zur Stärkung der frühen Förderung gefordert.