Coronakrise: Politik nimmt Forderungen im Bereich Frühe Kindheit auf

17.04.2020

Nach der Kritik von verschiedenen Organisationen der familienergänzenden Kinderbetreuung hat die Politik nun reagiert. Sie hat basierend auf den Forderungen der Verbände erste Massnahmen getätigt. So hat die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) in ihrer Sitzung vom 15. April zwei Vorstösse verabschiedet, die zur direkten Unterstützung von Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung dienen sollen. Die Schwesterkommission WBK-S folgte dem Vorschlag, die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung finanziell zu unterstützen, lehnt es aber ab, einen spezifischen Kredit zu sprechen.

In den letzten Wochen haben sich mehrere Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung zum Beschluss des Bundesrates über die Offenhaltung von Kindertagesstätten, Tagesfamilienorganisationen und private schulergänzende Tagesstrukturen geäussert (siehe READY!-News vom 7. April 2020): Da gleichzeitig die Eltern angehalten wurden, ihre Kinder nach Möglichkeit selbst zu betreuen, drohen ungedeckte Kosten und somit Ertragsausfälle bei den Betreibern der Angebote in der Kinderbetreuung, was die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung vor ernsthafte Finanzierungsprobleme stellt.

In ihrer Sitzung vom 15. April 2020 hat nun die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) Finanzhilfen zugunsten der Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung beschlossen. Mit einer parlamentarischen Initiative und einer Motion sollen die durch die Bekämpfung des Coronavirus im Bereich der institutionellen familienergänzenden Kinderbetreuung entstandenen wirtschaftlichen Auswirkungen entschärft werden. Mit der Pa. Iv. 20.407 COVID-19-Verordnung familienergänzende Kinderbetreuung beschliesst die WBK-N die Ausarbeitung einer parlamentarischen COVID-19-Verordnung, die die Kriterien für die Gewährung von Finanzhilfen zugunsten der Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung festlegt. Bund und Kantone beteiligen sich je hälftig an den Kosten. Vorgesehen ist ein Kredit von 100 Millionen Franken. Die Motion 20.3128 «Bei der familienergänzenden Kinderbetreuung sind alle in der Pflicht» beauftragt den Bundesrat, Massnahmen zu ergreifen, um die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung aufgrund der Ertragsausfälle infolge der Coronakrise finanziell zu unterstützen, indem die Aufwendungen der Kantone für den Ausgleich der Ertragsausfälle vom Bund zu mindestens 33 Prozent abgegolten werden. Die Schwesterkommission WBK-S hat sich heute (17. April 2020) mit der Thematik befasst und hat mit der gleichlautenden Motion 20.3129 «Bei der familienergänzenden Kinderbetreuung sind alle in der Pflicht» beschlossen, den Forderungen der WBK-N zu folgen. Die WBK-S hat jedoch mit 9 zu 4 Stimmen beschlossen, der parlamentarischen Initiative 20.407 der Schwesterkommission nicht zuzustimmen: Sie erachtet es als wenig opportun, parallel zum Bundesrat eigenes Notrecht zu erlassen. Sie verzichtet zudem im Gegensatz zur WBK-N darauf, einen spezifischen Kredit in den Nachtrag I einzutragen.
Die beiden Kommissionsmotionen werden voraussichtlich in der ausserordentlichen Session (4.-8. Mai 2020) behandelt.

Die Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK) beider Räte äussern in einer jeweiligen Medienmitteilung (Medienmitteilung WAK-S und Medienmitteilung WAK-N) ihre Empfehlungen zu den Massnahmen des Bundesrates zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie. Beide Kommissionen sind der Ansicht, dass die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung offenbleiben müssen, obschon sie nur noch sehr wenige Kinder zu betreuen haben. Die Kommissionen sind deshalb der Auffassung, dass solche Einrichtungen auch auf Bundesebene unterstützt werden müssen. Sie fordern den Bundesrat auf, die Situation der Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung näher zu prüfen und geeignete Massnahmen zu ihrer Unterstützung vorzuschlagen.

Auch verschiedene Bundeshausparteien und Parlamentarier nehmen zur Corona-Lage Stellung und fordern eine Unterstützung und Stärkung der Kinderbetreuungsinstitutionen. Darunter auch die FDP, welche in ihrer Ausstiegsstrategie verlangt , dass die Kinderbetreuungsstrukturen mit den vom Bundesrat im Rahmen der Coronakrise erlassenen Hilfsinstrumenten zielgerichtet unterstützet werden, die Widerstandsfähigkeit der Kinderbetreuungsstrukturen gestärkt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wird, um das Funktionieren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens auch in Krisensituationen weiterhin sicherzustellen.

Das Ziel von READY!, eine umfassende Politik der frühen Kindheit zu schaffen und die Notwendigkeit einer nationalen Strategie, wie im Postulat 19.3417 Strategie zur Stärkung der frühen Förderung gefordert, erscheinen angesichts dieser Situation umso deutlicher.