Neue soziale Werte prägten die September-Volksabstimmungen

23.11.2020

Am 27. September nahm das Schweizer Stimmvolk die Vorlage zu einem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub mit einem Ja-Stimmanteil von 60.3 Prozent an. Die Anfang November veröffentlichte VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung fasst die wichtigsten Gründe für diese Zustimmung zusammen: Dazu gehört auch ein anlaufender gesellschaftlicher Wandel.

1'500 Stimmberechtigte aus allen Sprachregionen der Schweiz wurden im Nachgang der letzten eidgenössischen Volksabstimmung für einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub zu ihrem Abstimmungsverhalten befragt. Für die Mehrheit der befragten BefürworterInnen stand die Beziehung zwischen Vater und Kind im Vordergrund: 31 Prozent der Ja-Stimmenden gaben an, sie wollten den Vätern mit ihrem Votum die Möglichkeit geben, nach der Geburt für ihr Kind da zu sein. Politische Merkmale waren besonders ausschlaggebend: Etwa neun von zehn Stimmenden, die sich dem linken Lager zugehörig fühlen, stimmten für die Gesetzesrevision, während in der SVP-Anhängerschaft nur 22% dafür war.

Einen Einfluss der vom Coronavirus bedingten Situation wurde von der Mehrheit der Befragten verneint: Nur eine Minderheit der Nein-Stimmenden gegründete ihr Votum damit, dass die aktuelle Pandemiesituation und die damit verbundenen finanziellen Einbussen im Staatshaushalt nicht mit den Kosten eines Vaterschaftsurlaubes vereinbar seien.

Von grosser Bedeutung für die klare Akzeptanz des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs war das Votum der (jungen) Frauen. Zwar stimmten auch junge Männer der Vorlage überdurchschnittlich häufig zu (77 Prozent), doch betrug der Ja-Stimmanteil der jungen Frauen sogar 89 Prozent. Einer der Gründe für diese starke Unterstützung aus der Frauenfront war das Argument der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen: Mit der Einführung des Vaterschaftsurlaubs werden nicht bloss gleiche Rechte, sondern oft auch gleiche Pflichten von Frau und Mann verknüpft. Diese Ansicht teilen rund 67% der Befragten, und zwar über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg. Die Stellung der Familie wird zudem auch durch die Ja-Argumente zum zweiten familiennahen Abstimmungsthema unterstrichen. Zwar scheiterte die Vorlage zur steuerlichen Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten in der Volksabstimmung, dennoch begrüssen knapp zwei Drittel aller Stimmenden eine steuerliche Entlastung der Familien. Die deutliche Ablehnung der Vorlage deutet darauf hin, dass die Art und Weise der vorgelegten Gesetzesrevision jedoch nicht goutiert wurde.

Alle Ergebnisse der VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 27. September 2020 können hier eingesehen werden.