Neue Studie: Sozial benachteiligte Familien am schlechtesten mit Angeboten der frühen Förderung versorgt

10.07.2019

Eine neue Studie der Hochschule Luzern und der Karl-Franzens-Universität Graz zeigt auf, wie Familien die Angebote der frühen Förderung nutzen, wie sie Zugang dazu finden und ob sie dadurch ihre Bedürfnisse decken können. Die daraus resultierenden Erkenntnisse sind für politische Entscheidungen und für die Wissenschaft bedeutsam.

Jede Gemeinde in der Schweiz bietet unterschiedliche Angebote im Bereich der frühen Förderung. Bisher war es jedoch weitgehend unerforscht, wie Eltern von kleinen Kindern die Unterstützung in diesem Bereich nutzen. Die gemeinsame Studie der Hochschule Luzern und der Karl-Franzens-Universität Graz gibt Aufschluss darüber, wie Eltern die öffentlichen Angebote nutzen, inwiefern die Leistungen ihren Bedürfnissen entsprechen und wo Unterschiede bei der Nutzung zwischen den Bevölkerungsgruppen bestehen. Befragt wurden 498 Familien aus neun Schweizer Gemeinden und mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen.

Gute Resultate erzielt das medizinische Basisangebot der Schwangerschaftsvorsorge, das von rund 90% aller befragten Familien genutzt wird. Bedenklich sind jedoch die Ungleichheiten, die sich spezifisch nach den sozialen Verhältnissen der Familien ergeben. Beratungs- oder Entlastungsangebote – die eigentlich spezifisch für sozial schwächeren Familien konzipiert sind – sind Familien in Sozialhilfe entweder nicht bekannt oder finanziell nicht tragbar. Des Weiteren deutet die Studie darauf hin, dass das Bedürfnis von sozial schwächeren Familien nach Unterstützung (z.B. ein Spielgruppenbesuch) von Fachpersonen der Sozialhilfe teilweise aktiv abgelehnt wird, und ratet daher, die vielfältigen Belastungen in diesen Familien bei allen Fachpersonen zu schulen und zu fördern.

Die Nutzung insgesamt der Angebote im Bereich der frühen Förderung liegt zudem noch tiefer bei Familien mit Migrationshintergrund. Dies hängt wiederum damit zusammen, dass die Angebote entweder nicht bekannt sind oder ein organisatorisches oder finanzielles Problem darstellen. Dass einige Angebote, wie zum Beispiel Eltern- und Familientreffs, häufig genutzt werden, zeigt aber, dass diese unterstützend wirken können und daher ein grosses Optimierungspotenzial besteht.

Zu den Forderungen der Eltern, die in der Studie deutlich gemacht wurden, zählt in erster Linie die Tagesbetreuung von Kleinkindern, etwa mit dem Wunsch nach bezahlbaren oder subventionierten Kita-Plätzen. Zudem wünschen sich viele Eltern eine bessere Unterstützung in Notsituationen, um mit den vielfältigen Herausforderungen des Alltags zurechtzukommen. Aus der Sicht der Studienautorinnen wäre hingegen eine bessere Kontinuität bei den Angeboten der frühen Förderung besonders wünschenswert. Insbesondere für Familien in Sozialhilfe wäre eine frühe Kooperation zwischen Geburtshilfe und interdisziplinären Teams anzustreben, um den Anschluss in den Versorgungssysteme nicht zu verpassen.

Die vollständige Studie der Hochschule Luzern und der Karl-Franzens-Universität Graz kann hier abgerufen werden.