Die Schweiz erhält punkto Kinderbetreuung ein schlechtes Zeugnis

21.06.2021

Die Schweiz gehört zu den Schlusslichtern in Bezug auf Qualität und Zugänglichkeit von Kinderbetreuungsangeboten. Zu diesem Schluss kommt die kürzlich publizierte Studie des UNO-Kinderhilfswerk UNICEF «Where Do Rich Countries Stand on Childcare?». Anhand der neuesten vergleichbaren Daten untersucht der Bericht die Elternurlaubs- und Kinderbetreuungspolitik in den 41 reichsten Ländern der Welt. Die Schweiz belegt dabei Platz 38.

Die Schweiz besitzt im Vergleich zu den restlichen OECD-Ländern eines der teuersten Kinderbetreuungssysteme. Während in den meisten wohlhabenden Länder die Kinderbetreuung für sozial schwache Familien stark subventioniert wird, muss gemäss dem neuen UNICEF-Bericht «Where Do Rich Countries Stand on Childcare?» in der Schweiz, in Irland und Neuseeland ein Paar mit durchschnittlichem Einkommen zwischen einem Drittel und der Hälfte eines Gehalts für die Kosten der externen Betreuung zweier Kinder aufwenden. Zu den berücksichtigten Indikatoren der Studie gehören die Zugänglichkeit zur frühkindlichen Förderung, Bildung und Betreuung, die Bezahlbarkeit der Kinderbetreuung, die Qualität der Betreuung von Kindern bis zum Schulalter und die nationalen Regelungen zur Elternzeit. Grosse Lücken werden somit auch in Bezug auf die Elternzeit und die Betreuungsqualität festgestellt.

«Die Pandemie hat die Systemrelevanz der Kinderbetreuung aufgezeigt. Diese muss hochwertig, bezahlbar und leicht zugänglich sein», so Bettina Junker, Geschäftsleiterin von UNICEF Schweiz und Liechtenstein in der Medienmitteilung. «Dass die Schweiz als einer der reichsten Staaten der Welt nicht genug für die externe Kinderbetreuung tue, dürfe nicht sein».

Am besten schneiden im internationalen Vergleich Luxemburg, Island, Schweden, Norwegen und Deutschland ab. Hier werden insbesondere Investitionen in die Qualität und in die Erschwinglichkeit von Betreuungsangeboten getätigt. Gleichzeitig haben in diesen Ländern sowohl Mütter als auch Väter einen Anspruch auf längere, bezahlte Elternzeit.

Die neue UNICEF-Studie «Where Do Rich Countries Stand on Childcare?» kann hier eingesehen werden.
Die Medienmitteilung von UNICEF Schweiz und Liechtenstein ist hier ersichtlich.


Für eine familienfreundlichere Politik formuliert die UNICEF-Studie folgende Empfehlungen:

• Eine Mischung aus bezahltem Mutterschutz, Vaterschaftsurlaub und Elternzeit vor der Geburt und im ersten Lebensjahr des Kindes;
• Eine geschlechtersensible und -gerechte Verteilung der Elternzeit;
• Elternzeit für alle Eltern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ganz gleich ob es sich um eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung handelt sowie Unterstützung für Geburtshilfe und bei der Betreuung für Eltern in besonderen Lebenssituationen, wie z. B. Nichtversicherte;
• Eine bezahlbare Kinderbetreuung, die sofort nach Ende der Elternzeit beginnt, um Betreuungslücken zu vermeiden;
• Zugängliche, flexible, erschwingliche und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für alle Kinder, unabhängig von Familienverhältnissen;
• Staatliche Regelungen und Unterstützung, um den Zugang für Familien mit geringem Einkommen zu erleichtern und Betreuungsstandards zu gewährleisten;
• Investitionen in kompetente Arbeitskräfte, ihre Qualifikation und ihre Arbeitsbedingungen, um bestmögliche Standards zu gewährleisten;
• Anreize für Arbeitgeber, damit sie inklusive und geschlechtssensible bezahlte Urlaubsansprüche, flexible Arbeitsregelungen und Unterstützungssysteme für die Kinderbetreuung anbieten.